„Unerwarteterweise hat Luther die Bora geheiratet, ohne auch nur seine Freunde über seine Absichten zu unterrichten“, so berichtet entrüstet der Humanist Philipp Melanchthon nach der Hochzeitsfeier am 27. Juni 1525. Die Trauung zwischen dem Augustinermönch Martin Luther und der ehemaligen Zisterzienserin Katharina von Bora war bereits am 13. Juni vorausgegangen. Die von Melanchthon geäußerte kritische Haltung wurde von vielen Zeitgenossen geteilt, nicht nur wegen des ehemaligen Klosterstandes der beiden Ehepartner, sondern auch wegen der allgemein schwierigen Zeitläufte. In den Schlachten bei Frankenhausen am 15. Mai und bei Würzburg am 4. Juni 1525 waren tausende von aufständischen Bauern, gegen die Luther selbst kurz vorher in der Schrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ Stellung bezogen hatte, ums Leben gekommen. Wittenberg dagegen, wo die Hochzeit und die anschließenden Feierlichkeiten stattfanden, war von den Unruhen zu dieser Zeit weitgehend unberührt.
Es ist davon auszugehen, dass aus Anlass der Vermählung des hochgestellten Paares die von den Stadtpfeifern ausgeführte standesgemäße Musik einen wichtigen Teil des Festes bildete, von der Begleitung beim Kirchgang am Morgen bis zu den zeremoniellen Tänzen am Abend. Die Ehe hatte nach einem solchen Auftakt durchweg positive Auswirkungen auf die Person des Reformators. Erasmus von Rotterdam berichtet: „Luther fängt jetzt an, milder zu werden, und wütet nicht mehr so mit der Schreibfeder; nichts ist so wild, dass es nicht beim Weibchen zahm würde“.
Das Ensemble „Capella de la Torre“, das in seiner Besetzung mit den historischen Blasinstrumenten Schalmei, Pommer, Posaune und Dulcian genau den Stadtpfeifereien des 16. Jahrhunderts entspricht, rekonstruiert durch die Aufführung zeitgenössischer geistlicher und weltlicher Musik die Atmosphäre und das Umfeld von Luthers Hochzeitsfeier.